Der W – 09.04.2016, Musichall Innsbruck

Nach nur drei Stunden Schlaf packe ich meine Tasche für Innsbruck und warte auf Knuffi und ihren Bändiger, die mich auf die nächsten 518 km meiner Reise mitnehmen. Das dritte Konzert in Folge steht – nach München und Frankfurt – an. Die Fahrt verläuft zügig, wirklich schlafen kann ich zwar nicht, aber zumindest ein wenig dösen. Dennoch merke ich einmal mehr, dass ich wohl wirklich nicht mehr die Jüngste bin.

Gegen 13:30 kommen wir in Innsbruck am Hotel an, wo bereits Engelchen auf uns wartet. Auch Hutze, Jo und Nine treffen bald ein, so fehlt nur noch das Empfangskomitee samt der zu empfangenden Österreicher. Ich verziehe mich nach einer Plauderrunde noch mal auf ein Zimmer um noch mal zu versuchen, ein wenig Schlaf zu ergattern. Der Versuch bleibt erfolglos und gegen 17:00 – Firma, FaPi, Kanzler, Lily, der Österreicher und dessen Frau sind mittlerweile längst eingetroffen – machen wir uns an die Planung für den Weg zur Halle. Es läuft auf mehrere Taxen hinaus und so treffen wir gegen 17:30 Uhr an der Halle ein. In das Gebäude integriert befindet sich ein gemütlich aussehendes Restaurant und so beschließen wir, uns dort niederzulassen, um noch schnell (haha) was zu essen. Drinnen stellen wir fest, dass auch die Band diese Idee hatte, Henning, JC, Dirk, Felix, der Roadie und ein paar andere der Crew sitzen gemütlich beisammen und warten offenbar auf Nahrung. Wir teilen uns auf und okkupieren sowohl den Nichtraucher als auch den Raucherbereich zu gleichen Maßen.

Im Raucherbereich sorgt ein DJ für Musik und was liegt näher, als bei diesem Publikum Songs der Onkelz aufzulegen. Die vielen W-Fans, die die gleiche Idee hatten wie wir – die Wartezeit auf den Einlass in dieser Lokalität zu verkürzen – nehmen es freudig und laut auf. Die Jungs von den Vagabundos de Lujos lassen sich ebenfalls dort blicken, unterhalten sich mit uns, liegen sich mit uns in den Armen und grölen die Onkelz-Lieder mit. Sie haben an diesem Abend ein paar treue Fans gewonnen, allen voran unserer Knuffis Bändiger. Welch magischer Moment in diesem Zeitraum noch seine Wurzel hatte, werden wir später noch erfahren.

Wie, ihr dürft hier rauchen? Ich habe einen Platz im Nichttraucher-Bereich bekommen und sie haben mir ein alkoholfreies Bier gebracht!

Barish

Als zwanzig Minuten vor Einlass immer noch kein Essen in Sicht ist, werden die ersten nervös. Besteht doch auch heute der Plan, die erste Reihe unsicher zu machen. Wir beschließen schon, das Essen wieder abzubestellen, da kommt es dann auch. Kurz vor sieben ist ein Teil dann auch schon gesättigt und wir versuchen unser Glück in der Halle. Eine Vorhut hat bereit den angestammten Platz rechter Hand der Bühne gesichert und so können wir es uns einmal mehr in der ersten Reihe gemütlich machen. Die Halle wirkt noch recht leer, es sollen wohl auch nicht allzu viele Karten verkauft worden sein. Als die Vagabundos de Lujo die Bühne betreten, gibt es vor allem für Firma und den Bändiger kein Halten mehr. Der eine tanzt sich die Seele aus dem Leib, der andere grölt sich um die seine. Für einen kurzen Moment scheint es mir, wir bräuchten einen Knuffibändiger-Bändiger.

Heute gefällt mir die Vorgruppe wesentlich besser, vermutlich auch bedingt durch die sympathische Begegnung im Vorfeld. Auch meine Konzert-Stimmung ist weeeesentlich besser als in München, ich bin schon direkt dabei. Singend und tanzend zu Mexico, wieder die Engel und der Trooper und dann ist die Show auch schon wieder vorbei. Der Bändiger wechselt mit Knuffi den Platz und so stehe ich nun zwischen eben dieser und Lily. Ein Platz nach meinem Geschmack. Der Bändiger versucht, Fangesänge anzustimmen, greift in seiner Verzweiflung zu Lobgesängen seines FCK, was wiederum hinter uns stehende Rapid Wien Fans auf den Plan ruft, welche ebenfalls einen Stadiongesang anstimmen. Hätt ich sogar noch mitsingen können.

Gegen 21:00 Uhr hat das Warten dann ein Ende. Der Meister samt seiner Band betritt die Bühne und legt direkt mit „Neuland“ los. Man weiß nie, wie und wo einen die Erinnerungen heimsuchen. Manchmal reicht nur eine Kleinigkeit. Ein Lied, ein Geruch oder auch etwas banales wie eine Grenze.

Den Kopf in den Wolken, die Hände im Dreck, ich will weg. Erinnerung ist Sperrgepäck.

Und ich kann weg. Dank des Konzertes, dank der Menschen um mich herum, dank dem Meister auf der Bühne. Die nächsten zwei Stunden kann ich mich fallen lassen. Loslassen. Wir hängen das Banner vorne an die Absperrung und ich meine ein Wiedererkennen in des Weidners Blick gesehen zu haben. Mit „Keiner kann es besser“ geht es direkt weiter und ich komme nicht umhin, mir vorzustellen, was für ein Gefühl das sein muss auf dieser Bühne zu stehen und dieses Lied im Grunde vorgesungen zu bekommen. Man kann mir erzählen, was man will, aber der ein oder andere wird da beim Mitsingen ein Stückweit auch ihn meinen. Nach dem „Geschichtenhasser“, den ich auch sehr mag, so wie generell das erste Album im Gesamten, ist wieder meine Zeit gekommen, die ich mehr als gerne mit Lily teile. Ich kann bei „Urlaub mit Stalin“ und „Mein bester Feind“ wieder alles rauslassen. Diese beiden Perlen auf österreichischem Boden zu hören – eine Genugtuung. „Kafkas Träume“ ist diesmal weniger Schlimm für mich, aber ich genieße dieses Lied ganz anders als vorher. Nach „Herz voll Stolz“, welches mir live immer wieder ausserordentlich gut gefällt, stehen wieder zwei neue Stücke auf dem Programm. „Zeit“ und „Faust auf Fresse“ sind mir zwar immer noch recht fremd aber immerhin kann ich mittlerweile den Refrain mitsingen. Es folgt eine „Lektion in Wermut“ und dann eine weitere Überraschung für mich. „In stürmischer See“ haut mich komplett um. In Hutzes Arm stehe ich in der ersten Reihe und heule. Sowas ist mir ja noch nie passiert. „Nein, nein, nein“ geht mir sonst irgendwie nicht so richtig ins Ohr, heute zündet es, „Schatten“ ebenso. Ich finde zwar immer noch diese Megafon-Nummer etwas befremdlich aber dafür geht der Refrain umso mehr ab. Ich schrei einfach alles raus. Und dann dieses Gefühl, wenn der W dich anschaut, dieses Strahlen und diese offensichtliche Freude die er empfindet, wenn er dir dabei zusieht, wie du auf seine Musik abgehst. Wir verbringen „Stille Tage im Klischee“ was mich in meine Stammkneipe zurückversetzt und dann folgt „Ein Lied für meinen Sohn“. Also seinen. Und seine Tochter. Und alle anderen Kinder da draußen. Also auch mich – ich danke sehr. Um mich herum weinende Eltern-Gesichter. Bei „Danke für mein Leben“ gibt Stephan beim Sprechpart auf. Ja, ich weigere mich, dies Rap zu nennen. Nicht, weil ich Rap nicht mag sondern im Gegenteil sehr schätzen gelernt habe, gerade in letzter Zeit. „Judas“ ist auch ein eher von mir vernachlässigtes Lied, wo ich gar nicht genau sagen kann, woran das liegt. Textlich ist es hervorragend und es wäre auch nicht so, dass ich mich darin nicht wiederfinden könnte. Aber bei „Der W zwo drei“ bin ich wieder voll in meinem Element. Das Lied macht live einfach Spaß, kann nicht sagen, worans liegt. Es geht einfach vorwärts. Und selbst in der ersten Reihe ist noch genug Platz zum Tanzen, so richtig voll ist es nicht mehr geworden. Auch den Refrain von „Mehr!“ bekomme ich mittlerweile hin, bei „Justitia“ singt es sich für mich noch etwas stockend. Ich nehme mir vor, dass die Texte bis Neu-Isenburg besser sitzen. Nach „Mordballaden“ und dem obligatorischen Teilen der Halle zum gegenseitigen Besingen verlässt die Band die Bühne. Die Zugabe-Rufe sind für meinen Geschmack etwas zaghaft und verebben ziemlich schnell. An Stelle der Band wäre ich nicht noch einmal rausgekommen xD die tun das aber und zwar ziemlich zügig. Hatten wohl Angst, dass die Leute schon am gehen sind, wenn sie zulange warten. Das Zugabe-Set startet mit „Machsmaulauf“, dessen Text ich mir in diesem Leben wohl nicht mehr werde raufschaffen können, gefolgt von „Bring mich heim“. Den Abschluss bildet wieder „Gewinnen kann jeder“. Ob Stephan das Lied heute der Eintracht gewidmet hat? Um kurz vor elf ist das Schauspiel damit vorbei, ich bin innerlich gereinigt, einmal durchgespült.

Von der Stimmung in der Halle her hat mir München um einiges besser gefallen, vermutlich allein schon deshalb, weil die Halle dort sehr gut gefüllt war. Aber meine persönliche Stimmung war bei diesem Konzert so viel besser. Die neue CD gefällt mir ebenfalls immer besser, sie hat live jetzt richtig gezündet bei mir.

„Nur wer deine ganze Scheiße kennt und trotzdem an deiner Seite bleibt ist dein Freund“ – Barish

Nine und ich entdecken Felix in der Halle und beschließen spontan ihn zu belagern. Ist aber auch wirklich hübsch anzusehen, konnte mich kaum entscheiden, ob ich auf der Bühne zum Herrn W oder auf Felix und seine flinken Finger schauen soll. Wir lassen uns Autogramme geben und ziehen dann weiter zum Merch-Tisch der Vagabunden. Auch diese möchte ich auf meiner Karte unterschreiben lassen und bekomme einen wunderbaren Spruch auf mein Ticket gezaubert. Es lässt keinen Platz für weitere Unterschriften, aber das ist nebensächlich, besitze ich doch bereits Autogramme der gesamten W-Band auf einer meiner Platten.

Wir begeben uns in Richtung Tourbus, wartet doch noch ein ganz besonderer, magischer Moment auf uns. Stephan steht draußen, wie immer von einer Traube Fans umringt, welche von Securitys geordnet vorgelassen werden, um Autogramme und Fotos zu erhaschen. Nine und ich widmen uns erst mal wieder Felix.

Irgendwann ist Knuffi an der Reihe, mit Stephan zu Quatschen und sie nimmt ihren ganzen Löwenmut zusammen und trägt ihm ihren Wunsch vor.

Da hab ich doch vorhin schon was geschrieben?!

Stephan Weidner

Und da ist er, der magische Moment. Damit Knuffi ihren sehnlichsten Wunsch nach ganz bestimmten Zeilen von der Hand des Meisters erfüllt bekommt hat Hutze bereits Vorarbeit geleistet und die Band bereits vor dem Gig darum gebeten. Ein Security bringt Knuffi den ersehnten Zettel der für so vieles an diesem wunderbaren Abend steht. Die Kleine ist ganz aufgelöst und als sie auch den Herrn Weidner fast zum Weinen bringt, nehmen wir sie behütend in unsere Arme auf, wo sie so lange aufgelöst sein kann, wie sie möchte. Ich mache noch ein Foto vom Österreicher und dem Knuffibändiger mit Stephan in ihrer Mitte und dann stehen Nine und ich wieder … richtig, bei Felix.

„Jetzt mal ehrlich, wir kommen doch sicher total blöd rüber.“ – „Nee, nur ein bisschen. Aber nicht negativ.“

Hutze ist auch dabei und wir fachsimpeln über den Sound in Hallen, ziehen Vergleiche zu den vergangenen Konzerten, haben einfach eine total spannende und angenehme Unterhaltung. Dann machen Nine und ich noch ein Foto mit dem jungen Mann. Hatte ich mich vorher ja gegen gesträubt. Aber dann kam doch der Groupie in mir durch.

Für ein Trostpflaster für den Henkka, der leider seine geplanten W-Konzerte aus familiären Gründen absagen musste, wollen wir noch auf JC warten. Dessen Autogramm ist nämlich das einzige, welches uns noch auf dem Bühnen-Foto der Band fehlt, welches FaPi für unseren Foren-Freund organisiert hat. Das Foto musste Kanzler übrigens noch aus der Kneipe gerettet, da hatte FaPi es nämlich verloren. Ob das Einhorn daran Schuld war? Oder der Edelstoff?

Der hungrige Teil unserer Bande, der im Vorfeld zum Konzert essenstechnisch leer ausgegangen ist, entscheidet sich, mit dem Taxi zu einer bekannten Fast Food Kette zu fahren während wir weiterhin auf den Drummer warten. Gegen eins lässt er sich dann blicken. Also schnell hin, das ein oder andere Autogramm abgestaubt, hier noch ein kleines Foto, da noch ein, zwei Worte und dann machen wir uns langsam auf den Weg zum Hotel, wo wir uns mit den anderen treffen, die unsere Essensbestellung dabei haben. Wir sitzen noch ein wenig beisammen und schwelgen in Erinnerungen, versuchen den Abend zu fassen an dem sich ein so großer Wunsch erfüllt hat und der so vielen von uns neue Kraft geschenkt hat. Zufrieden falle ich in mein Bett und schlafe wie ein Stein.

FaPi, Lily und Kanzler müssen uns schon in aller Hergotts Frühe verlassen, aber der Rest verbringt den Sonntagvormittag noch gemeinsam in Innsbruck, bevor wir uns gegen drei trennen und die Heimreise antreten. Die letzten 528/1840 km meiner Reise verbringe ich gemeinsam mit Firma und unzähligen interessanten Gesprächsthemen. All das hat unbedingt Wiederholungsbedarf.

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