Endlich war es wieder soweit. BOSCA in der Kapp! Wie es der Zufall (oder das Schicksal?) so will, war mein letztes normales Konzert bevor die Pandemie unser aller Leben auf den Kopf stellte ebenfalls ein BOSCA Konzert. Und auch dieses Konzert hatte seinerzeit, Ende Februar 2020, in der Batschkapp stattgefunden. Es war ein tolles Konzert, das ich mit tollen Menschen erleben durfte und das sein fantastisches Ende im Backstagebereich der Kapp fand, in den ich eingeladen wurde. Es war ein würdiger vorläufiger Abschluss meiner Karriere als Konzertbesucher von dem ich in den folgenden Monaten noch lange zehren konnte.
Damals wie heute lag jedoch der Fluch der Diva vom Main auf dem Frankfurter Rapper. Wegen eines Unwetters musste 2020 das Europa League Spiel unserer Eintracht gegen RB Salzburg verschoben werden – und wurde damit genau auf den Abend des Konzerts gelegt. Ich weiß noch, wie BOSCA damals auf der Bühne geflucht hat. Zumal er sicher selbst gerne im Stadion in Salzburg gestanden hätte. Und auch heute Abend, beim ersten normalen BOSCA Konzert seit über zwei Jahren, hat der Fußball-Schicksals-Gott wieder zugeschlagen: Eintracht Frankfurt trifft zum Saisonstart im Waldstadion auf die Bayern.
Aber es hilft ja alles nichts, da müssen wir nun durch. Was wären auch die Alternativen? Verschieben auf Oktober? Keine Option! Heute wird durchgezogen.
Ich reise mit dem Fahrrad an. Schlappe sechs Kilometer von mir bis zur Kapp, easy machbar. Beim Einlass die erste erfreuliche Begegnung: der Security, der gewissenhaft meine Tasche untersucht, entdeckt mein Fahrradzubehör (Lichter & Co) und fragt, wo ich dieses denn abgestellt habe, um mich darauf hinzuweisen, dass ich es auch drinnen abschließen könne. Also Stempel abgeholt und los, das Fahrrad reinholen. Klingt für den ein oder anderen vielleicht wenig spektakulär, für mich bedeutet es ich kann das Konzert genießen ohne im Hinterkopf die Befürchtung zu haben, wenn ich rauskomme könnte mein Fahrrad weg sein!
Das Konzert findet heute im „Sommergarten“ statt, also Open Air. Es sind ettliche Bierzeltgarnituren aufgebaut, vor der Bühne ausreichend Platz zum stehen, tanzen, abgehen. Ich lasse mich erst mal auf einer der Bänke im hinteren Bereich nieder. Ist ja noch etwas Zeit, bevor es losgeht.
Gegen viertel vor acht kommt dann DJ Pron auf die Bühne. Er teilt uns mit, dass sie dann im Grunde soweit seien und anfangen könnten. Außerdem schlägt er vor, wir könnten ja auch nach vorne kommen, wenn wir ebenfalls soweit seien. Gesagt, getan, ich begebe mich nach vorne. Helena Fin und Francey betreten die Bühne. Die beiden legen los und haben neben ein paar eigenen Tracks auch ein Hook-Medley von Bosca im Gepäck. Ziemlich smarte Idee, die Leute kennen die Hooks, können direkt mitmachen und werden heiß. Es hat auf jeden Fall eine Menge Spaß gemacht und auch der gemeinsame Song „Wo es hingeht“, den die beiden erst kürzlich veröffentlicht haben kommt gut beim Publikum an. Helena legt bei einer Hook sogar einen kleinen Rap hin und übernimmt BOSCAS Part in einer eigenen Interpretation und bei einer weiteren Hook – und ich muss zu meiner Schande gestehen, ich bin nicht mehr sicher, bei welcher aber ich meine es war „In meinem Kopf“ – kommt Face auf die Bühne gesprungen und mach den entsprechenden Part noch dazu. Das Publikum rastet bei seinem Anblick aus, alles wie immer.
Hier und da wirkten die beiden jungen Frauen noch etwas unsicher, alles in allem war es aber ein stabiler Auftritt, da geht auf jeden Fall was und ich bin nicht abgeneigt, die beiden weiter zu verfolgen. „Wo es hingeht“ hätte ich übrigens save nach dem ersten Testlauf nicht mehr gehört, aber nachdem Bosca es in seine Spotify Playlist gesneakt hat und ich die beim Autofahren immer höre bin ich inzwischen sogar textsicher haha.
Im Anschluss war Marlon SGE an der Reihe zu zeigen was er drauf hat. Er hatte auf jeden Fall ne eigene kleine Fangemeinde am Start und wurde vom Publikum auch gut gefeiert. Während des Auftritts ereignete sich die vielleicht skurilste Szene des Abends. Neben mir stehen zwei Dudes, die bei einem Song von Marlon jeder ein Bengalo zünden. Während die beiden ihre Fackeln in die Luft halten, springt aus der Crowd ein junger Fan im FvN Shirt, stellt sich neben die beiden und zündet ebenfalls ein bengalisches Licht. Es dauert nur wenige Sekunden, da stürzen zwei Securities auf ihn, nehmen ihm die Fackel aus der Hand und führen ihn zum Ausgang. Den anderen beiden werden die inzwischen ausgeglühten Fackeln abgenommen, sie dürfen kurioserweise jedoch bleiben. Vielleicht war deren Gezündel abgesprochen, ich werde es nie erfahren, aber der abgeführte Fan tut mir leid. Unterdessen skandiert das Publikum „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“.
Nach ein paar Songs verlässt Marlon SGE die Bühne und seine Entourage fordert eine Zugabe. Und ich muss ehrlich gestehen, ich weiß nicht mehr, ob ihm noch eine zugestanden wurde.
Es dauert nicht lange und Musik ertönt. Ich glaube, es ist „069“ von Haftbefehl und die Crowd ist erstaunlich textsicher. Ja, ist jetzt nicht so meins haha. Es folgt weitere Musik und unter lauten „BOSCA“-Rufen betritt eben jener die Bühne, mit ihm sein Backup, Hadi Bougart. Es wird nicht lange gefackelt und der Wiesbadener legt mit seinem Intro „Hart und Schnell“ los, dicht gefolgt vom ersten Part von „Wir bleiben unter uns“ und dann, zum runterkommen „Platz in meinem Herzen“. Nach einer kurzen Begrüßung folgt schon das erste Highlight für mich, ein Block bestehend aus „Asozial“ (Song-Wunsch Nummer 1 ist in Erfüllung gegangen), „JumpnRun“ und „9mm“. Herrlich. Erst mal Pulli wieder ausziehen.
Hadi darf nun auch mal ran und präsentiert seinen Song „Bei Nacht“ und spätestens in der Hook sind große Teile des Publikums textsicher. Dann übernimmt der Main-Act wieder. Nach dem jeweils ersten Part von „So läuft es in FFM“ und „Wie dus reinrufst“ klagt uns BOSCA sein Leid über die vom oben erwähnten Fluch der Diva verfolgten Shows und kriegt dabei mal wieder meisterhaft die Kurve, den nächsten Song anzumoderieren – „Jeder Tag zählt“, ein Song den ich auf dem aktuellen Album auch sehr feier und auf den ich mich schon gefreut habe. Dann machen wir zusammen den „Steinadler“ und den nächsten Song, „Gefahr“, kündigt BOSCA als einen für ihn sehr wichtigen an.
Dann ist es Zeit für das mittlerweile obligatorische Hook-Medley. „Anticops“, „So mächtig“, „Fremd in diesem Land“, „Meine Feinde“, „Mit oder gegen uns“, „In the Air“, „Dafür brauch ich kein Mic“, „Aus Gönnen wird Neid“, „Assi Deuxe“ und „20 Jahre UF“, ein Kracher jagt den nächsten.
Ich bin bereit für ein weiteres Highlight. Neben „Asozial“ hatte ich mir insgeheim noch einen weiteren Song gewünscht, den ich bei vergangenen Live-Shows schätzen gelernt habe. Und jetzt ist seine Zeit gekommen. Zu „Bulleit Bourbon“ können wir noch mal komplett durchdrehen und auch Face ist mit am Start. Keine Verschnaufpause, weder für die Jungs auf der Bühne noch für uns, die davor durchdrehen. Es geht direkt weiter mit „Cyka Blyat“. Für den nächsten Song hat BOSCA mal wieder eine seiner wunderbaren Überleitungen am Start, es folgt „Glaub an mich“, ein Song für den ich vor allem auf Grund des Textes in der Hook große Liebe empfinde. Dann wird Helena noch mal auf die Bühne gebeten um Face bei „In meinem Kopf“ in der Hook zu unterstützen.
Für Face ist es an der Zeit, die Bühne wieder zu verlassen und für uns gehts mit zwei chilligeren Songs weiter, „Weiterlaufen“ und „Später Sommer“. Zu meiner Freude sehen wir auch Helena und Francey wieder, die bei den folgenden zwei Songs zusammen mit uns die Hooks singen. Ich weiß nicht, welchen Song ich mehr feier, aber ich glaube, „Anders“ liegt um eine Nasenlänge vor „Mein Platz“. Apropos „Anders“ – plötzlich finde ich mich in einem Meer aus rotem Rauch wieder. Wohin das Auge blickt Bengalos. Es ist wunderschön.
Weiter gehts mit Crime Time, wo wir alle noch mal ein bisschen in die Hocke gehen um uns dann ein wenig auszupowern und nach „Der mit den Adlern fliegt“ verlässt BOSCA fürs erste die Bühne. Bei dem Song muss ich übrigens immer an das Konzert in Hannover auf der Cobra 3 Tour 2017 denken. Da war die Bühne ebenerdig, so klein war der Laden und BOSCA ist viel durchs Publikum gelaufen. Ich war bei dem Song so in meinem eigenen Film beim mitrappen dass ich erst bemerkt habe dass er direkt vor mir steht als er mich angetippt hat haha.
Die Pause ist nur von kurzer Dauer und direkt geht es weiter mit dem „König der Luft“. Nach „Was glaubst du was passiert“ kommt der Wiesbadener Künstler Rami Hattab auf die Bühne, um gemeinsam mit BOSCA ein „Traumhaftes Leben“ zu besingen.
Ab jetzt bekomm ich die Reihenfolge leider nicht mehr ganz zusammen weil ich mir keine Notizen gemacht habe haha, aber es wurde etwas wild. Zum ersten Part von „2 Sekunden“ kamen wieder alle Leute aus dem Hintergrund auf der Bühne zusammen. Und weil BOSCA bis um zehn spielen durfte, es aber noch etwas Zeit war, haben sie noch mal das Hook-Medley zum Besten gegeben. Ich glaube das, was Helena und Francey als Support gebracht hatten. Face hat auch glaub ich noch mal „In meinem Kopf“ gemacht? Jedenfalls hab ich den Song an dem Abend echt oft gehört haha. Als letzten Song spiel BOSCA dann sein Outro „Polar Lights“ und die Bühne leert sich. Das Publikum aber hat noch Bock und verlangt nach mehr! Dabei rennt es bei Face offenbar offene Türen ein, der kommt nämlich schwer motiviert zurück und beschließt, noch einen Song mit BOSCA zu machen. Das Publikum erhält die Macht und entscheidet sich für „Düsen aufn Tisch“. Gute Wahl. Der Song geht gut ab und war ein konstanter Begleiter auf der Onkelz-Tour, die ich 2016 gefahren bin. BOSCA will noch mal Crime Time raushauen, aber die Soundanlage ist schon aus. Kennen wir ja schon vom TAB from the Block im letzten Jahr, der Song geht auch ohne Mikro.
Nun ist aber wirklich Schicht im Schacht und ich finde mich am Merchstand ein, um BOSCA noch kurz hallo (und tschüss) zu sagen. Er lässt auch nicht lange auf sich warten, wir wechseln ein paar Worte aber da der ein oder andere Fan schon ungeduldig auf ein Foto und/oder ein Autogramm wartet verabschiede ich mich und begebe mich in Richtung meines Fahrrads.
Alles in allem habe ich ein großartiges Konzert gesehen, auf das ich mich schon seit geraumer Zeit gefreut habe. Und unglaublich viele Bengalos haha, als hätten die kurz vorm Ablaufdatum gestanden und alle weggemusst.
Hätte es voller sein können? Sicherlich. Hätten die Leute sich von den Bierbänken nach vorne bewegen können? Sicherlich. Hat die Meute auf und wir vor der Bühne 110% gegeben? Auf jeden Fall!
Vor kurzem erst habe ich die Onkelz im Stadion gesehen. Das ist natürlich auch ein fantastisches Event gewesen und so ein volles, singendes Stadion ist immer der Wahnsinn. Aber wofür mein Herz wirklich schlägt, sind die kleinen, siffigen, intimen Shows. Die, wo die Künstler dir von der Bühne aus noch in die Augen schauen und ihr einen kurzen, persönlichen Moment teilen könnt. Natürlich wünsche ich BOSCA und auch allen anderen Freunden von Niemand dass sie Stadien füllen. Aber bis es soweit ist, genieße ich jede einzelne Show in Schuppen wie dem Cafe Central in Weinheim, dem Colos-Saal in Aschaffenburg oder eben im Sommergarten der Batschkapp!