Edguy – 11.10.2014, Stadthalle Langen

Ich freue mich seit Monaten auf das Edguy Konzert und heute ist es endlich soweit. Schon die Anfahrt entwickelt sich zu einem kleinen Abenteuer, als meine männliche Begleitung die Tickets aus der Hosentasche zieht und dabei entwertet. Ratlos schauen wir auf vier Karten und vier Abrissstreifen. Wird schon schiefgehen heißt die Devise, ein mulmiges Gefühl jedoch bleibt.

Vor der Halle treffen wir auf die dritte im Bunde und somit ist unsere Aufstellung für den Abend komplett. Es ist 19:00 Uhr, der Einlass sollte eigentlich beginnen, doch auf der Treppe in der Langener Stadthalle rührt sich nichts. Nicht so schlimm, wir haben noch eine Stunde, bis die erste von zwei Vorbands anfängt zu spielen. Gegen 19:30 ist der Einlass zwar immer noch nicht sonderlich weit fortgeschritten aber wir finden einen Käufer für unsere vierte Karte. Feierlich überreichen wir Karte und separaten Abrissstreifen und erfahren, dass der junge Mann und sein Kumpel eigentlich nur wegen der zweiten Vorband angereist sind. Für Edguy interessieren sie sich nicht, aber man ist großer Fan von Avantasia, dem Metal Opera Projekt von Edguy Frontmann Tobias Sammet.

Gegen 20:00 Uhr stehen wir zumindest schon auf der Treppe, die Türen zur Halle sind in greifbare Nähe gerückt und warum der Einlass so schleppend vorangeht ist immer noch nicht ersichtlich. Die Wartezeit wird uns nun jedoch von den Klängen der ersten Vorband versüßt. Man hört zwar nicht viel hier draußen aber es klingt nach Metal. Um 20:20 stehen wir endlich am Eingang. Ich werde zur Taschenkontrolle an eine missmutig blickende Frau verwiesen. Sie steht wohl nicht auf Metal. Nach Kontrolle meiner Tasche, welche eher Formsache als gründlich war kommt der spannende Augenblick. Sie möchte meine Karte entwerten. Unschuldig halte ich ihr die Karte samt Streifen entgegen, mein Herz schlägt schnell, jetzt geht es um alles oder nichts. Nur cool bleiben. Sie schaut mich skeptisch an. „Warum ist’n die schon abgerissen?“. Mist, sie hat es gemerkt. Hektisch erkläre ich ihr was passiert ist. Sie schaut weiterhin skeptisch. Ich beginne bereits, mich mit dem Gedanken anzufreunden das Konzert nicht miterleben zu dürfen, da winkt sie mich schließlich doch noch durch.

Durch den verzögerten Einlass begleiten uns noch ca zwei Lieder von Starchild, einer Melodic Power Metalband welche ohne Plattenfirma in der Szene unterwegs ist, während wir uns etwas zu trinken organisieren, bevor die Vorband die Bühne gegen 20:30 Uhr wieder verlässt. Den Blick durch das Publikum schweifen lassend stellen wir fest, dass der Altersdurchschnitt im Saal enorm hoch ist und sind gespannt, wie sich das auf die Stimmung auswirkt. Wir beschließen die zweite Vorband Unisonic noch aus den hinteren Reihen auf uns wirken zu lassen und sind in Gedanken kurz bei den beiden Jungs, die unsere Karte abgekauft hatten. Um 20:45 betritt dann die Band um den ehemaligen Halloween Sänger Michael Kiske die Bühne, um ein 45 minütiges, solides Metal-Set abzuliefern. Die Band kommt gut beim Publikum an und auch ich erwische mich dabei mit Kopf und Fuß im Takt zu wippen.

Nachdem Unisonic die Bühne verlassen haben, machen wir uns auf den Weg nach vorne. Innerlich schon auf Gedränge eingestellt sind wir überrascht, wie gut man durch die Menge kommt. Wir können bis fast ganz vorne bequem durchlaufen. Wir finden einen Platz mit Sicht auf die Bühne und entscheiden uns zu bleiben. Wir sind gespannt, was auf uns zukommt, haben Edguy doch auf ihrer Webseite die aufwendigste Bühnenshow, die sie uns jemals präsentiert haben angekündigt.

Um 22:10 gehen die Lichter im Saal aus und das Intro beginnt. Die Menge jubelt und plötzlich sind um mich herum nur noch Handybildschirme zu sehen. Ich versuche einen Blick auf Tobi zu erhaschen, der soeben die Bühne betreten hat, aber trotz abenteuerlichen Halsverrenkungen bekomme ich ihn nicht live zu Gesicht. Ich kann mir die Performance der aktuellen Single-Auskoppelung „Love Tyger“ jedoch mehrfach auf kleinen Bildschirmen ansehen. In HD. Live wäre mir ja lieber gewesen und mir schwant fürchterliches für den weiteren Verlauf des Konzertes. Ich werde jedoch eines besseren belehrt und für Space Police, das zweite Lied für diesen Abend, werden die Handys wieder eingepackt. Ist die Menge beim Opener noch ausgerastet ist die Stimmung nun etwas verhaltener. Nach dem Lied begrüßt Tobi das Publikum und legt gleich mit einem etwas älteren Stück, „Out of Vogue“, nach. Die Stimmung im Publikum steigt wieder und ich schöpfe neue Hoffnung. Tobi nutzt eine kurze Verschnaufpause nach dem Lied um das Publikum auf zwei Mikrofone hinzuweisen, welche dafür da sind, die Stimmung in der Halle festzuhalten. Jedes Konzert der Tour wird aufgenommen und es wird eine Veröffentlichung der besten Liveaufnahmen angedeutet. Mit dem Hinweis, dass es an uns läge, ob auch Langen auf der Veröffentlichung einen Platz findet, stimmt er den Hit „Superheroes“ an. Endlich rastet die Halle aus, die Stimmung ist nun so, wie man sie sich bei einem Konzert wünscht. Den nächsten Song kündigt Tobi mit einem Hinweis auf das aktuelle Album an; die etwas verhaltene Reaktion auf die Erwähnung von „Space Police“ lässt er nicht auf sich sitzen und erwähnt die Veröffentlichung gleich noch mal. Auch die folgende Reaktion ist ihm nicht frenetisch genug. Plötzlich der Zwischenruf aus dem Publikum, laut und deutlich zu hören „Vielleicht war‘s nicht so gut?!“. Ein Raunen geht durch die Menge. Der Edguy Sänger schaut fassungslos in Richtung des Kommentators. „Vielleicht war es nicht so gut?“ wiederholt er die Worte um dann gespielt empört zu rufen „Du Wurm! Vielleicht hörst du nicht so gut!“. Aller guten Dinge sind drei und so rastet die Halle nun nach erneuter Erwähnung des Albumtitels gebührend aus, Tobi streckt dem Kritiker noch die Zunge raus und stimmt dann mit „Defenders of the Crown“ den Untertitel des Albumnamens an. Als im Anschluss die epischen Takte zu „Vain Glory Opera“ erklingen geht wieder ein Jubel durch die Massen, doch auch bei diesem Lied ist die Stimmung eher mäßig. Bei der Band selbst hat man ebenfalls stellenweise das Gefühl, dass sie sich eventuell am Abend vorher beim Heimspiel in Fulda etwas verausgabt haben.

Wie immer darf auch das Drumsolo nicht fehlen und so bleibt nun Felix alleine auf der Bühne zurück. Es werden wieder viele Handys gezückt und der Schlagzeuger legt los. Wie immer bei Drumsolos denke ich mir zu Beginn „ach ja, klingt gut“. Die Menge klatscht mit und ist begeistert. Diese Begeisterung legt sich bei mir meist recht schnell und ich beginne eher Sachen wie „ja, war ganz nett aber jetzt ist auch mal gut“ zu denken. Die Menge scheint das ebenso zu sehen, die Klatscher werden weniger und auch die Handys werden nach und nach wieder weggepackt. Als Felix den imperialen Marsch anspielt wird klar, auch dieses Drumsolo wird es nicht auf eine Veröffentlichung schaffen. Ich bin glücklich, als Tobi, Jens, Dirk und Eggi (einigen vielleicht als Leih-Bassist bei Pes Solo Ausflug „Dreck und Seelenbrokat“ bekannt) die Bühne wieder betreten; Tobi stellt Felix noch einmal mit den Worten „Meine Damen und Herren, am Schlagzeug … kein geringerer als …. DER SCHLAGZEUGER!“ vor.

Die Jungs bringen mit „Ministry of Saints“ einen weiteren Klassiker und legen dann mit dem legendären „Babylon“ nach, was die Zuschauer mit Begeisterung würdigen. Zur Anmoderation des nächsten Stückes verschwindet Tobi kurz von der Bühne um gleich darauf in einer roten Pagenjacke wieder zu erscheinen. Er informiert uns, dass die Plattenfirma dagegen war, das nächste Stück für das aktuelle Album aufzunehmen. Es handle sich um einen Popsong und eine Metalband mache so etwas nicht. Edguy war das egal und so haben sie das Stück nicht nur aufgenommen sondern werden es auch live spielen und dann kracht das Falco-Cover „Rock me Amadeus“ aus den Boxen. Die Live-Performance dieses Songs war mein persönliches Highlight und ich sehe der Menge an, dass ich damit nicht alleine stehe. Die Halle rastet noch einmal komplett aus, die Stimmung ist gigantisch. Meine Befürchtungen, das Lied würde live nicht so gut rüberkommen sind wie weggeblasen. Die Stimmung wird dann noch einmal etwas ruhiger und zu „Land of the Miracle“ werden sogar Feuerzeuge statt Handys ausgepackt. Mit „Tears of a Mandrake“ kündigen Edguy dann den Abschluss des Abends an. Auf dieses Lied freue ich mich immer besonders, war es doch das erste Lied, das ich mitsingen konnte. Auf meinem ersten Edguy Konzert hatte meine Begleitung mir schon einen einfachen Trick hierzu beigebracht: wenn der Refrain kommt einfach mitmurmeln und am Ende ganz laut MAAAANDRAAAAKE singen. Klappt immer noch gut und ich stelle fest, dass ich nicht die einzige bin, die diese Lektion gelernt hat. Und so verlassen Edguy gegen 22:30 die Bühne.

Durch die viele Zugabe-Rufe noch einmal hervorgelockt kommen die Jungs ca 10 Minuten später noch einmal zurück und bringen die Halle mit „Lavatory Love Machine“ noch einmal zum Kochen, bevor mit „King of Fools“ das tatsächlich letzte Lied des Abends gespielt wird.

Laut Tobi haben Edguy die Halle in Langen dieses Jahr das erste Mal ausverkauft und sie versprechen, bei der nächsten Tour wieder zu kommen. Die Spielzeit war mir mit ca 1,5h Stunden etwas zu gering und die Stimmung in der Halle hätte wegen mir auch etwas besser sein können aber das hat Tobi durch seinen gewohnten Charme und Witz und seine ständige Interaktion mit dem Publikum zwischen den Songs auf jeden Fall wieder wettgemacht. Langen war das vorletzte Deutschlandkonzert der Tour und nachdem die Jungs bereits in Schweden, der Slowakei, Japan, England, Finnland und Italien unterwegs waren stehen ihnen jetzt noch die Schweiz, Frankreich, Spanien, Tschechien, Russland, Argentinien, Paraguay, Brasilien, Chile und Mexico bevor und ich spiele bereits mit dem Gedanken, nächste Woche Dienstag noch den Auftritt in Köln und damit das letzte Konzert in Deutschland mitzunehmen.

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