Rise Against – 13.11.2014, Heineken Music Hall Amsterdam

Den Besuch des Amsterdam Konzertes von Rise Against habe ich gleich mit einem kleinen Urlaub in der schönsten Stadt der Welt verknüpft. Am Abend des 13.11. mache ich mich von der kleinen Pension in der ich untergekommen bin auf den Weg zur Heineken Music Hall. Ich reise mit öffentlichen Verkehrsmitteln an und deren Handhabung unterscheidet sich etwas von der in Deutschland. Man muss mit seiner Fahrkarte beim Einsteigen in die Straßenbahn an der dafür vorgesehenen Vorrichtung einchecken (dies tut man, indem man die Karte einfach davor hält) und beim Aussteigen an einer eben solchen Vorrichtung wieder auschecken. Warum man das tun muss, habe ich allerdings trotz flüchtiger Recherche im Internet noch nicht herausfinden können. Jedenfalls hat diese Besonderheit an meiner Umsteigehaltestelle Lelylaan zu einer befremdlichen Situation geführt. Im Gegensatz zu den Trams (Straßenbahnen) bei denen man beim Einsteigen direkt in der Bahn eincheckt ist es bei der Benutzung der Metro (so was wie die S-Bahn bei uns) so, das man eincheckt bevor man den Bahnsteig überhaupt betreten kann. Wenn man dann so wie ich am falschen Eingang steht, nämlich dem für den Fernverkehr, dann kann man mit seiner schnöden Fahrkarte nicht einchecken und muss draußen stehen bleiben. Das ist umso peinlicher, wenn gerade viele Leute unterwegs sind. Zum Glück bemerke ich meinen Fauxpas nach einigen Minuten und begebe mich noch rechtzeitig an den richtigen Eingang um meine Metro noch zu erwischen.

Am ArenA Boulevard angekommen muss ich die Halle auch nicht lange suchen, direkt nach Verlassen der Haltestelle ist sie bereits zu sehen. Die meisten Leute sind bereits drin und so kann ich die Halle schnell betreten. Ein kurzer Blick aufs Handy verrät, es ist erst kurz vor sieben und somit habe ich noch ein wenig Zeit, bevor die erste Vorgruppe loslegt. Ich schaue mich am Merch-Stand um und entscheide mich für ein T-Shirt. Das ist mit 20 Euro ziemlich günstig und so sehe ich mich weiter um. Eine graue Sweatshirt-Jacke springt mir noch ins Auge und ich überlege gerade, ob mein Budget die 40 Euro auch noch hergibt, da fällt mir das Kartenlesegerät auf. Mit der Option auf Kartenzahlung verschiebe ich meine Kaufentscheidung auf nach dem Konzert.

Bevor ich mir nun etwas zu trinken kaufen kann, muss ich meine Euros zunächst gegen Tokens eintauschen. Für 10 Euro bekomme ich 7 Munten, ich verdopple und hole mir 14. Zurück am Getränkestand stelle ich fest, das ich gar nicht so viel Geld hätte eintauschen müssen, das Bier ist bereits für „twee munten“ also zwei Tokens zu haben. Ich entscheide mich für eine Dose Red Bull und muss dafür drei Tokens abgeben.

Die Halle ist um kurz nach sieben noch recht leer (in etwa halb voll) und ich suche mir ein schönes Plätzchen an der Seite und lasse mich, an die Wand gelehnt, nieder. Ich beschließe gerade, die Vorbands von diesem Platz aus zu genießen, da rotzt ein Mädchen, das die kürzeste Hose Amsterdams trägt in den Mülleimer neben mir. Charming. Der Altersdurchschnitt in der Halle ist ohnehin recht niedrig und ich fühle mich fast ein bisschen alt. Ich verlasse mich auf die vielen Aussagen anderer, das man mir mein Alter nicht ansehe und fühle mich gleich wieder wohler in meiner Haut. Kurz darauf erblicke ich noch ein Mädchen, das nicht nur noch jünger als Rotze-Mariechen zu sein scheint sondern auch noch eine noch kürzere Hose trägt. Vielleicht erwische ich die beiden ja noch einmal nebeneinander, zwecks Vergleichs. Ich komme mir unterdessen in meiner Jeans, dem T-Shirt und den Turnschuhen ein wenig underdressed vor.

Um Punkt 19:30 Uhr geht das Licht in der Halle aus und Emily’s Army bzw. ihrem neuen Namen nach Swimmers betreten die Bühne. Die Jungs sehen noch sehr jung aus und das schlägt sich auch in ihrem frischen, fröhlichen und unbeschwerten Sound nieder. Die Jungs machen spaßigen Punkrock und die Recherche wird im Nachhinein ergeben, dass dort der Sohn von Green Day Frontmann Billie Joe Armstrong auf der Bühne steht. Die Musik geht direkt ins Ohr und auch wenn das Publikum zunächst noch nicht so überzeugt wirkt, folgt es doch brav der Aufforderung des Sängers den zweiten Song mit Klatschen zu begleiten. Die Stimmung steigert sich im Laufe des Auftritts noch, die Jungs haben eine Menge Spaß auf der Bühne und ich beschließe, mir im Anschluss eines ihrer Alben zu kaufen. Am Ende kündigen die Jungs noch an, dass sie gleich am Merch-Stand anzutreffen sind und verlassen dann um 19:50 Uhr die Bühne.

Die Halle ist mittlerweile voll und beschließe auf Erkundungstour zu gehen. Unterwegs stärke ich mich mit einer Portion Pommes und finde mich dann wieder an meinem Plätzchen an der Wand ein, um Pennywise um 20:20 Uhr die Bühne betreten zu sehen. Die Band wird vom Publikum frenetisch begrüßt. Der Sound ist gleich ein paar Nummern härter als vorher. Die Punkband wurde bereits 1988 gegründet und gilt als einer der Vorreiter des Melodic Hardcore.

In einer Songpause lobt der Sänger Rise Against dafür, dass ihnen der Erfolg nicht zu Kopf gestiegen ist, dass sie weiterhin bodenständig bleiben und Punkrocker durch und durch sind. Er widmet ihnen den nächsten Song, „My Own Way“. Die Band kommuniziert sehr viel mit dem Publikum, bezieht es stark ein und wirkt dadurch sehr sympathisch. Sie spielen unter anderem noch „Same Old Story“ und „Society“ und verlassen dann mit „Bro Hymn“, welches sie einem kürzlich verstorbenen Freund widmen um 21:00 Uhr die Bühne.

Da man bei Rise Against für gewöhnlich am Ende nicht mehr da steht, wo man Anfangs stand mache ich mir gar nicht erst die Mühe früher in die Menge einzutauchen und mir einen Platz zu sichern. Auf einer Leinwand an der Seite der Halle werden Informationen zur Band eingeblendet und ich entschließe mich kurzfristig, meine Tasche nun doch für 5€ einem der Schließfächer anzuvertrauen, welche ich auf meinem vorigen Rundgang erspäht habe. Zurück auf meinem Platz an der Wand beobachte ich die Jungs von Emily’s Army/Swimmers, die sich unter das Publikum gemischt haben, um das Konzert aus der Menge heraus zu erleben, was ich sehr sympathisch finde.

Um 21:30 Uhr geht das Licht in der Halle aus und der Jubel in der Menge los. Ich mische mich nun auch unter dieselbe und erwarte gespannt, was die Jungs für uns bereithalten. Sie verlieren keine Zeit und starten das Set mit „Ready to Fall“, welches anfangs etwas asynchron klingt, direkt gefolgt von dem Klassiker „Give it All“. Ich bin verwirrt, das der Song so früh gespielt wird und stelle etwas enttäuscht fest, das ich in einem etwas trägen Haufen gelandet bin. Ich beschließe mich in naher Zukunft noch ein wenig weiter in die Menge zu drängen. Während und nach „Re-Education (Through Labor)“ begrüßt Sänger Tim McIlrath das Publikum. Er hält sich jedoch gar nicht mit langen Reden auf sondern macht direkt mit „Behind Closed Doors“ weiter. Da es sich dabei um mein absolutes Lieblingsstück von Rise Against handelt, ist dies für mich das Signal, weiter in die Menge vorzudringen. Ich finde einen Platz, an dem ich nicht die einzige bin, die den Drang verspürt sich zu bewegen und gebe alles. Es folgt mit „Tragedy + Time“ ein Stück vom aktuellen Album „The Black Market“ und nach „The Good Left Undone“ hören wir noch ein paar Worte von Tim. Er entschuldigt sich mit den Worten „Sorry if I spit on you, it was not on purpose“ bei den ersten Reihen und verkündet, dass dies die größte Show sei, die sie in Amsterdam gespielt haben. Danach ist ein weiterer Klassiker an der Reihe, bei „Like the Angel“ tobt der Saal. Das lässt sich jedoch noch einmal steigern, als die aktuelle Single „I Don’t Want to be Here Anymore“ aus den Boxen knallt. Es folgt „Help is on the Way“ aus dem vorhergegangenen Album „Endgame“, dann wird es wieder etwas älter und damit Zeit für die Rise!-Rufe. Tim erklärt kurz, was zu tun ist, das Publikum streckt die Arme mit den zu Fäusten geballten Händen in die Luft und mit jedem in die Luft recken der Faust ertönen die Rise!-Rufe. Noch während die Rufe im Takt ertönen, legt die Band mit „Chamber the Cartridge“ los. Der Song kommt beim Publikum sichtlich gut an und auch ich bin mittlerweile gut durchgeschwitzt. Der Grund, warum ich gerne alleine auf Konzerte fahre ist, dass ich, um es mal mit Caspers Worten zu sagen „tanzen“ kann „als ob keiner guckt“. Und das tue ich auch, denn bei kaum einer anderen Band geht das so gut wie bei Rise Against. „Last Chance Blueprint“ und „Prayer of the Refugee“ heizen dem Publikum noch einmal richtig ein. Vor dem nächsten Song lobt Tim noch einmal die Vorband, Swimmers und moderiert den ihnen gewidmeten Song mit den Worten „I don’t know if you guys have a first record, doesn’t matter, you don’t need to have one.“ und dem Hinweis, das es sich bei dem folgenden Stück um einen Song von ihrem ersten Album handelt an. Nach „Alive and Well“ kommt mit „Audience of One“ ein weiteres meiner Lieblingsstücke zum Zuge. Im Anschluss folgt „Satellite“ und dann verlassen Rise Against zum ersten Mal die Bühne.

Einige Zugaberufe später steht Tim auch schon wieder auf der Bühne. Ausgerüstet mit der Gitarre, die das Akustik-Set verspricht macht er es sich auf dem bereitstehenden Hocker bequem. Ist das folgende Stück „People Live Here“ zwar mein Favorit auf dem aktuellen Album, so ist es doch kein Ersatz für „Heroes Of War“, welches dieses Jahr in der Setliste fehlt. Bei „Swing Life Away“ singt Tim die erste Strophe etwas eigenartig, was jedoch keinerlei Folgen für die Wirkung des Songs hat. Wie auch bei dem Stück davor sind alle Arme oben und winken im Takt, manche Besucher liegen sich in den Armen. Nun verlassen Rise Against noch ein letztes Mal die Bühne um wenig später für die letzten beiden Songs des Abends zurückzukommen. „Make it Stop (September’s Children)“ ist ein weiteres Stück aus dem vorherigen Album „Endgame“ und kommt gut beim Publikum an. Zuletzt bedankt sich Tim noch bei der zweiten Vorband Pennywise. Er erklärt, dass sie den Weg für Bands wie Rise Against geebnet haben und dass Rise Against ohne sie nicht hier stehen würden. Er widmet ihnen das letzte Lied „Savior“ und das Publikum rastet noch ein letztes Mal so richtig aus. Gegen 22:50 ist das Konzert dann zu Ende und das Licht in der Halle geht an.

Da ich noch einige Tokens in der Tasche habe, bahne ich mir den Weg zum Getränkestand. Dort kann ich jedoch nur noch den letzten Bediensteten durch die Tür flüchten sehen. Die Theke ist mit Ende des Konzertes geschlossen. Getränke gibt es nur noch auf der ersten Ebene, wo auch die Aftershow stattfindet. Da ich jedoch zurück in meine Pension möchte, solange die Bahnen noch fahren, hole ich meine Tasche aus dem Schließfach, tausche den Sleutel (niederländisch für Schlüssel) gegen zwei Euro ein und drücke einem jungen Pärchen am Token-Automat meine restlichen 8 Tokens in die Hand. Die sehen zugleich glücklich und verwirrt aus, was mich wiederrum fröhlich stimmt und so mache ich mich auf den Heimweg. Den Kauf der Kapuzenjacke verschiebe ich auf meinen Konzertbesuch in Frankfurt am kommenden Sonntag.

Insgesamt kam mir das Set softer vor als bei den vergangenen Touren, Lieder wie „State of the Union“ oder „Remains of Summer Memories“ haben mir gefehlt. Der größte Verlust war jedoch, „Heroes of War“ und den unglaublichen Gänsehaut-Chor nicht zu hören. Alles in allem war das Konzert jedoch super, aber von Rise Against hätte ich auch nichts anderes erwartet!

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