Rise Against – 16.11.2014, Festhalle Frankfurt

Nachdem ich noch kein Ticket für das Rise Against Konzert am Abend hatte, trug ich mich kurz mit dem Gedanken, nicht hinzufahren. In weiser Voraussicht, den Entschluss später sicher zu bereuen habe ich mich dann doch noch aufgerafft und war gegen 18:00 Uhr an der Halle.

Normalerweise ist es kein Problem vor Konzerten noch Tickets zu erwerben, diesmal sollte es sich jedoch als schwieriger herausstellen. Nachdem jeder, den ich angesprochen habe nur noch Rang-Plätze hatte, die für mich in etwa so attraktiv sind wie Herpes, finde ich direkt vor der Festhalle dann doch noch einen freundlichen jungen Mann, der ein Innenraum-Ticket für den Schnäppchenpreis von 60€ abzugeben hat. Wohlwissend, dass Rise Against auch die 20€ Unterschied zum Normalpreis wert sind, schlage ich zu. Ich reihe mich also in die Menge vor dem Einlass ein und stelle zufrieden fest, dass der Altersdurchschnitt im Vergleich zu Amsterdam heute Abend deutlich höher ist. Das Anstellen geht schneller als gedacht, der Einlass hat bereits begonnen und so finde ich mich gegen 18:20 Uhr in der Halle wieder. Noch kurz meine Jacke zur Garderobe bringen (mit den Jahren kann man sich auch mal was gönnen) und auf dem Weg dorthin den Merch-Stand abchecken. Das T-Shirt, welches ich mir in Amsterdam gekauft habe wird nicht angeboten. Die Sweatshirt-Jacke jedoch schon. Auf Grund des höher als erwarteten Ticketpreises nehme ich jedoch erst mal von einem Kauf Abstand.

In der Halle fallen mir zunächst die beiden Wellenbrecher auf, die aufgestellt worden sind und den Innenraum somit in drei Teile teilen. Ich besorge mir an einem der zahlreichen Getränkestände einen Energy-Drink für 3,50€ und lasse mich im ersten Wellenbrecher nieder. Während ich trinke und die Menschen um mich rum beobachte bereue ich, dass T-Shirt vor dem ersten Tragen nicht gewaschen zu haben, es dünstet einen unangenehm chemischen Druck-Geruch aus.

Wie auch in Amsterdam betreten dann um 19:30 Uhr die Swimmers die Bühne. Ich habe den Eindruck, die Jungs haben es beim Frankfurter Publikum etwas schwerer als in Amsterdam, da nutzt ihnen auch das Kompliment, sie hätten gehört, Frankfurt hätte das beste Publikum nur wenig. Trotzdem wird höflich geklatscht, es fliegen auch keine Becher. Die Stimmung wird den Jungs jedoch in meinen Augen nicht gerecht, sie geben wie bereits am Donnerstag alles und haben sichtlich Spaß.

Um 19:50 Uhr geht das Licht in der Halle wieder an und ich lasse mich wieder auf den Boden nieder um dort die Wartezeit auf Pennywise abzusitzen. Plötzlich wird es extrem voll im Wellenbrecher, so dass ich mich doch lieber wieder hinstelle und gegen 20:30 Uhr, also zehn Minuten später als am Donnerstag betreten Pennywise dann die Bühne. Sie werden vom Publikum extrem gut aufgenommen, die Stimmung ist Haupt-Act gerecht. Wie bereits in Amsterdam machen die Jungs ein Selfie mit der Menge und erklären dabei, dass sie dies bei jeder Show tun. Laut ihnen ist das Konzert in Frankfurt die größte Show, die sie in Europa spielen. Ob das so stimmt, weiß ich nicht, aber man merkt auf jeden Fall den Unterschied zwischen den 5000 Menschen in der Heineken Music Hall in Amsterdam und der ausverkauften Frankfurter Festhalle, die über 13.500 Menschen fasst. Um 21:15 Uhr gehen dann erneut die Lichter an und der erste Wellenbrecher leert sich wieder merklich. Waren die also tatsächlich alle für Pennywise hier vorne. Ich erspähe auch extrem viele Pennywise T-Shirts zwischen dem ganzen Rise Against Merch, das an Körpern durch die Halle getragen wird.

Ich entscheide mich, die Pause für einen prophylaktischen Toilettengang zu nutzen bei dem ich mich einmal mehr um die unglaublich lange Schlange vor dem Damenklo wundern muss und finde mich kurze Zeit später an meinem Platz im Wellenbrecher wieder. So langsam wird es auch hier wieder etwas voller und ich beschließe mich etwas mittiger zu platzieren um mich zum Konzertstart nicht wieder in so einer lahmen Ecke wie zu Beginn in Amsterdam zu finden. Um 21:45 geht dann erneut das Licht aus und Rise Against betreten die Bühne. Der gesamte erste Wellenbrecher verwandelt sich in einen einzigen Pogokessel und ich bin nach dem ersten Lied bereits komplett durchgeschwitzt, habe beinahe meinen Schuh verloren und stehe nicht mehr annähernd auf der Position, auf der ich gestartet bin. Das Konzert macht jetzt schon noch mehr Spaß als das am Donnerstag. Zwischendurch komme ich nicht umhin, mich darüber zu wundern, was manche Menschen zu Konzerten anziehen. Ich sehe Mädchen in Lederjacken oder in schicken Wollpulloverchen. Da steht sogar ein Typ in einer Winterjacke vor mir. Ich schwitze alleine beim Anblick gleich noch ein bisschen mehr. Beim Pogo fliegt ein Mädchen mit einem kleinen Lederrucksack an mir vorbei. Und ich fühle mich schon alt und spießig, wenn ich mit einer Jacke zum Konzert gehe und diese dann an der Garderobe abgebe. Plötzlich bekomme ich einen Schuh in den Nacken. Ah, der erste Crowdsurfer kommt vorbei. Ich drehe mich um und sehe ein kleines Mädchen, das über unseren Köpfen hinweg nach vorne weitergereicht wird. Dicht gefolgt von ihrer Freundin, die mir, ihr Handtäschchen umklammernd mit ihrem Fuß fast die Nase bricht. Ich finde es ja schön, wenn auch der Nachwuchs sich für liebgewordene Traditionen interessiert, aber das nächste Mal sollten sich die beiden vielleicht erst mal ein Youtube-Tutorial anschauen. FÜSSE OBEN LASSEN BEIM SURFEN! Zwischendurch bilden sich immer wieder Circlepits und Moshpits und alles was das Konzert-Herz begehrt. Der Pogo ist, wie bei Rise Against Konzerten üblich, nicht aggressiv, Knie und Ellenbogen bleiben bei den Funktionen, die sie natürlicherweise innehaben und werden nicht als Waffen eingesetzt, kurz es macht jedem, ob groß, ob klein, ob Mann, ob Frau, ob jung, ob alt einfach einen riesen Spaß und wer nicht mitmachen will, verlässt einfach die wabernde Masse, indem er einfach ein paar Schritte zur Seite, nach vorne oder nach hinten geht, je nachdem, was notwendig ist. Was mir jedoch auch dieses Mal wieder negativ auffällt ist diese Unart, mitten beim Konzert und mitten in der Menge eine Zigarette rauchen zu müssen. Mal abgesehen davon, dass man in einem aktiven Pogokreis Gefahr läuft, Kleidungsstücke und Körperteile mit unschönen Brandflecken zu verzieren ist die Luft in so einem Konzertsaal ja ohnehin in der Regel nicht besonders gut. Warum muss man sich und seinen Mitmenschen dann noch das Atmen durch Zigarettenrauch schwer machen?

Als es Zeit wird für die Rise!-Rufe muss Tim gar nicht viel erklären. Schon als er die Faust zum ersten Mal in die Luft hebt, ist die Halle bereits dabei. In solchen Momenten möchte ich kurz mit dem Sänger tauschen. Es muss ein unglaubliches Gefühl sein, wenn tausende von Menschen den Namen deiner Band brüllen. Naja, zumindest teilweise.

Wenn man mehrere Konzerte einer Band besucht, ist man ja meist etwas desillusioniert, gleiche Setlist, meist gleiche Ansagen. Rise Against stechen da wirklich positiv hervor. Das Konzert gleicht nicht nur von der Stimmung her kaum dem in Amsterdam. Das Akustik-Set hält dann noch eine besondere Überraschung für mich bereit. Nachdem Tim nach einer kurzen Pause die Bühne wieder betreten hat, stelle ich mich auf „People Live Here“ ein. Umso erfreuter bin ich, als die ersten Töne erklingen und ich sofort „Hero of War“ erkenne. Ich hatte ungelogen eine Gänsehaut am ganzen Körper. Direkt danach spielt Tim dann doch noch das Stück von der aktuellen Platte und ich trauere fast ein wenig um „Swing Life Away“ da stimmt er dieses auch noch an. Wieder eine kurze Pause und als die Band dann wieder vollständig auf der Bühne steht, hält sie noch eine weitere Überraschung für uns bereit. Zu Ehren der Ramones, dessen letztes Ursprungsmitglied kürzlich verstorben ist, spielen sie „Commando“ von eben dieser Band. Danach kommt noch der Sänger von Pennywise dazu und sie spielen gemeinsam einen weiteren Ramones-Song, „Teenage Lobotomy“. Wurde den Swimmers wieder „Alive and Well“ gewidmet, so bekommen Pennywise diesmal den Song „Make it Stop (September’s Children)“ und dann spricht Tim noch kurz über PETA und Sea Shepherd bevor er den beiden Organisationen den letzten Song „Savior“ widmet. Gegen 23:30 Uhr habe ich dann bereits meine Jacke aus der Verwahrung abgeholt und bin auf dem Weg nach draußen.

Das Konzert war unglaublich gut, die Stimmung in der Halle wirklich kein Vergleich zu Amsterdam. Nachdem ich nun zwei Rise Against Konzerte in den Niederlanden erlebt habe und diese mit fünf oder sechs Deutschlandkonzerten vergleichen kann, muss ich sagen, die Ansagen von Tim, dass das Publikum in Deutschland das Beste sei und das Deutschland „the craziest crowd“ hat scheinen nicht nur das übliche Geplänkel zu sein. Langsam glaube ich, da ist tatsächlich was dran.

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